Der Unterschied zwischen Dolmetschern und Übersetzern

Ich arbeite seit über zehn Jahren als Übersetzerin für Deutsch-Englisch und über die Jahre hat es in diesem Berufsfeld viele Veränderungen gegeben. Eines ist aber gleich geblieben: Die Allgemeinheit bringt weiterhin regelmäßig die Begriffe Dolmetschen und Übersetzen durcheinander.

Fast alle Kolleg:innen haben es schon erlebt: Sie erzählen, dass sie als Übersetzer oder Übersetzerin arbeiten und erhalten direkt Bewunderung für ihre Fähigkeit, einer Person in einer Sprache zuzuhören und gleichzeitig das Gesagte in einer anderen Sprache wiederzugeben.

Tatsächlich bewundern auch Übersetzer und Übersetzerinnen diese Fähigkeit, denn es ist eine Kompetenz, die wir (im Regelfall) nicht besitzen. Obwohl beim Dolmetschen wie auch beim Übersetzen eine Botschaft von einer Sprache in die andere übertragen wird, handelt es sich um zwei völlig verschiedene Tätigkeiten, die unterschiedliche Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale erfordern.

In diesem Artikel erklären wir, worum es beim Dolmetschen geht, wann es zum Einsatz kommt und wie es sich von unserer Fachkompetenz hier bei LEaF Translations – dem Übersetzen – unterscheidet. Dann werfen wir einen genaueren Blick auf die Tätigkeit des Übersetzens sowie auf die Kompetenzen, die für einen Erfolg in den beiden Berufen erforderlich sind.

Was ist Dolmetschen?

Einfach ausgedrückt bedeutet Dolmetschen, die Bedeutung von gesprochener Sprache mündlich in eine andere Sprache zu übertragen. Dolmetschen entscheidet sich vor allem dadurch vom Übersetzen, dass es die gesprochene Sprache anstatt schriftlich verfasster Texte betrifft. Es erfolgt zudem in Echtzeit – gedolmetscht wird sofort und an Ort und Stelle. Dolmetscher und Dolmetscherinnen haben in diesem Moment keinen Zugriff auf externe Ressourcen, nur auf ihr eigenes Fachwissen, ihr Gedächtnis und ihre Reflexe.

Es gibt zwei unterschiedliche Arten des Dolmetschens:

Simultandolmetschen

Beim Simultandolmetschen sitzt die Dolmetscherin oder der Dolmetscher in einer schalldichten Kabine und trägt Kopfhörer. Sie oder er gibt das, was die sprechende Person sagt, sofort in der relevanten Zielsprache wieder. Der Prozess läuft parallel ab und gibt den Teilnehmenden einer Veranstaltung, die aus anderen Ländern kommen, die Möglichkeit, dem Gesagten nahezu in Echtzeit zu folgen.
Da Simultandolmetschen ein hohes Maß an Konzentration erfordert, wird meist in Zweier-Teams gearbeitet, sodass man sich nach etwa 20 bis 30 Minuten abwechseln kann.

Das rasante Tempo des Simultandolmetschens bedeutet auch, dass die zu übermittelnde Botschaft manchmal auch umständlich oder kompliziert zum Ausdruck gebracht wird. Denn oft muss das Gesagte umschrieben werden, bevor die sprechende Person ihren Satz überhaupt vollendet.

Konsekutivdolmetschen

Konsekutivdolmetschen wird angewandt, wenn Dolmetscher*innen sich im selben Raum oder selben Ort wie die sprechende Person befinden. Sie warten, bis der Satz beendet wurde, und übertragen dann die Bedeutung in die relevante Sprache.

Diese Verzögerung bedeutet, dass Konsekutivdolmetschen mehr Zeit in Anspruch nimmt als Simultandolmetschen (da immer nur eine Person sprechen kann). Und da Dolmetscher*in und sprechende Person sich am selben Ort aufhalten, kann nur in eine Sprache gedolmetscht werden.

Es ist allerdings deutlich günstiger, da keine Spezialausrüstung erforderlich ist. Die in diesen Situationen kommunizierte Botschaft klingt meist natürlicher, da mehr Zeit bleibt, eine passende Formulierung zu finden.

Wann benötigen Sie einen Dolmetscher?

Da Dolmetschen in Echtzeit erfolgt, sind Dolmetscher*innen für Live-Situationen erforderlich – z. B. bei Veranstaltungen, bei denen die Teilnehmenden entweder untereinander oder gegenüber den Vortragenden in verschiedenen Sprachen sprechen. Auch geschäftliche Meetings, Termine, Gerichtsverfahren, Konferenzen, internationale Kongresse und Live-Sendungen im Fernsehen gehören dazu.

Ob Simultan- oder Konsekutivdolmetschen erforderlich ist, kommt dann auf die jeweilige Veranstaltung an. In der Regel wird bei großen Veranstaltungen mit Teilnehmenden aus zahlreichen Ländern simultan gedolmetscht. Bei geschäftlichen Meetings und Terminen sowie kleinen Events kommt eher Konsekutivdolmetschen zum Einsatz.

Was ist eine Übersetzung?

Anders als beim Dolmetschen geht es beim Übersetzen um das geschriebene Wort. Auch hier muss die Botschaft von einer Sprache in die andere übertragen werden, aber bei einer Übersetzung erfolgt die Umsetzung innerhalb eines längeren Zeitraums und nicht sofort.

So können Übersetzer:innen bei der Arbeit umfassende externe Ressourcen nutzen. Dazu gehören unter anderem Software wie CAT-Tools (computergestützte Übersetzung) sowie auch Translation-Memory-Systeme und Glossare. Auch Wörterbücher und Online-Ressourcen können genutzt oder Referenztexte und zuvor angefertigte Übersetzungen herangezogen werden.

Aufgrund dieser Bandbreite der verfügbaren Ressourcen in Kombination mit der Zeit, die zur Auseinandersetzung mit dem Ausgangstext zur Verfügung steht, sind Übersetzungen viel präziser als die von Dolmetscher:innen formulierten Botschaften.

Für Dolmetscher:innen besteht das Ziel darin, die Bedeutung des Gesagten zu übertragen, damit die sprechende Person von allen Anwesenden verstanden wird. Übersetzer:innen zielen darauf ab, einen Text produzieren, der die Bedeutung des Ausgangstexts präzise zum Ausdruck bringt UND sich so liest, als sei er in der Zielsprache verfasst worden. Während von Dolmetscher:innen fast erwartet wird, etwas eigenartige Sätze zu formulieren, kleinere Fehler zu machen oder auch bestimmte Worte oder Informationen unter den Tisch fallen zu lassen, muss bei Übersetzungen gewährleistet werden, dass diese absolut präzise und ohne Auslassungen fließend formuliert werden.

Wann benötigen Sie einen Übersetzer?

Professionelle Übersetzerinnen und Übersetzer helfen Unternehmen, neue internationale Zielgruppen zu erreichen und so zu expandieren. In der globalen Welt von heute spielen sie eine zentrale Rolle bei der Bereitstellung von Online-Inhalten, die den jeweiligen Markt direkt ansprechen.

Sie sind versiert in der Anpassung kultureller Referenzen und der Identifikation entsprechender Redewendungen und Ausdrucksweisen und können hochwertige Texte für die entsprechende Zielgruppe verfassen.

Qualifizierte Übersetzer:innen (die eine Prüfung abgelegt und ein qualifiziertes Mitglied eines Berufsverbands, wie z. B. dem ITI in Großbritannien sind) oder von einem Gericht ermächtigte Übersetzer:innen spielen eine wichtige Rolle bei der beglaubigten Übersetzung von offiziellen Unterlagen wie z. B. Ausweisen, Heiratsurkunden, anderen Rechtsunterlagen und Zeugnissen – beispielsweise für Pass- oder Visa-Anträge, Bewerbungen bei Universitäten und mehr.

Die wichtigsten Unterschiede zwischen Dolmetschern und Übersetzern

Auch wenn sowohl beim Übersetzen als auch beim Dolmetschen mit Sprachen jongliert wird, handelt es sich um zwei sehr unterschiedliche Berufe. Dolmetschen konzentriert sich auf das gesprochene Wort und erfolgt in Echtzeit, entweder vor Ort, telefonisch oder per Videokonferenz. Übersetzung beschäftigt sich mit dem geschriebenen Wort und konzentriert sich auf Präzision und Qualität, nicht auf Geschwindigkeit.

Sowohl beim Dolmetschen als auch beim Übersetzen müssen kulturspezifische Aspekte für die Zielgruppe angepasst werden – von Redewendungen über umgangssprachliche Ausdrücke bis hin zu Elementen, die es in der Zielsprache schlichtweg nicht gibt.

Beim Übersetzen wie auch beim Dolmetschen müssen die Tonalität des Texts oder des Gesagten berücksichtigt und die Botschaft übermittelt werden – ob mündlich oder schriftlich. Beim Dolmetschen müssen darüber hinaus der Tonfall und verbale Signale beachtet werden. Für Übersetzer:innen zählt nur der Text selbst und ihr Fokus liegt auf dem Verfassen eines gut geschriebenen, gleichwertigen Texts für den Zielmarkt.

Diese Unterschiede zwischen den zwei Berufen bedeuten, dass Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen unterschiedliche Kompetenzen benötigen und auch oft verschiedene Persönlichkeitsmerkmale aufweisen.

Vor einem Publikum auf einer Bühne zu stehen, ist etwas ganz anders als zuhause vor dem Computer zu sitzen, und obwohl einige Dolmetscher:innen auch Übersetzungen anbieten, fühlen sich meist unterschiedliche Persönlichkeitstypen von den zwei Tätigkeiten angesprochen.

Woman Using Her Tablet

Top-Kompetenzen und Persönlichkeitsmerkmale von Dolmetschern

Dolmetscher:innen müssen (mindestens) zwei Sprachen fließend sprechen. Sie arbeiten oft in beide Richtungen – d. h. sie dolmetschen von Sprache A in Sprache B und von Sprache B in Sprache A. Sie müssen in beiden Sprachen über hervorragendes Hörverstehen und herausragende Kommunikationsfähigkeiten verfügen. Sie müssen verstehen können, was in einer Sprache gesagt wird, und es kurz und bündig in eine andere Sprache übertragen.

Da Dolmetschen in Echtzeit erfolgt, können Dolmetscher und Dolmetscherinnen keine Online-Wörterbücher, Glossare oder andere nützliche Ressourcen heranziehen – sie müssen sich auf ihr eigenes Fachwissen und Vokabular in beiden Sprachen und auf ihr Gedächtnis verlassen.

Sie stehen bei ihrer Tätigkeit oft stark unter Druck, denn es kann viel auf dem Spiel stehen, wenn eine Botschaft falsch übermittelt wird. Dolmetscher und Dolmetscherinnen müssen diesen Druck aushalten können und es muss ihnen Spaß machen, vor Publikum zu sprechen. In manchen Szenarien sind viele Augen auf den Dolmetscher oder die Dolmetscherin gerichtet.

Top-Kompetenzen und Persönlichkeitsmerkmale von Übersetzern

Anders als Dolmetscher:innen arbeiten Übersetzer:innen fast niemals vor Publikum. Dementsprechend fühlen sich introvertierte Menschen eher von dieser Tätigkeit angesprochen. Übersetzerinnen und Übersetzer arbeiten häufig freiberuflich und verbringen viel Zeit allein vor ihrem Computerbildschirm. Einige Menschen mögen diese Unabhängigkeit und Zurückgezogenheit, aber auch das ist Geschmackssache.

Wie auch Dolmetscher:innen müssen Übersetzer:innen mindestens zwei Sprachen fließend beherrschen. Um jedoch professionelle Übersetzungen zu liefern, müssen Übersetzer:innen unbedingt in der Lage sein, Texte von hervorragender Qualität in ihrer Muttersprache zu verfassen.

Übersetzungen müssen für sich genommen einwandfreie Texte sein – dementsprechend arbeiten Übersetzer:innen meist ausschließlich in ihre Muttersprache. Viele Übersetzungsagenturen arbeiten nur mit Übersetzerinnen und Übersetzern, wenn die Zielsprache deren Muttersprache ist (LEaF Translations ist eine solche Agentur). Es ist sehr schwer, absolut fehlerfrei in einer Fremdsprache zu schreiben.

Trotz dieser Schreibfähigkeiten müssen Übersetzerinnen und Übersetzer ein solides Leseverständnis in der Ausgangssprache (der Fremdsprache) mitbringen sowie auch Expertise im jeweiligen Fachgebiet. Letzteres erklärt, warum sich viele Übersetzer:innen auf bestimmte Fachgebiete spezialisieren, z. B. auf Marketing, Medizin, Wissenschaft, Nachhaltigkeit, Tourismus, Finanzen usw. Während Übersetzer:innen online auf vielfältige Ressourcen zugreifen können, ist es dennoch von großem Vorteil, sich mit der Materie gut auszukennen.

Zusammenfassung

Jetzt kennen Sie sich mit den verwandten, aber sehr unterschiedlichen Tätigkeiten Dolmetschen und Übersetzen schon etwas genauer aus. LEaF Translations ist auf das geschriebene Wort spezialisiert. Nichts macht uns mehr Freude, als herausragende Übersetzungen in einer Vielzahl von Sprachen zu erstellen – aber wenn wir auf einer Bühne den Vortrag einer Person für das Publikum dolmetschen müssten, würde es uns glatt die Sprache verschlagen.

Wenn Sie also einen Dolmetschauftrag zu vergeben haben, empfehlen wir Ihnen die Website des Institute of Translation & Interpreting in Großbritannien mit einem Verzeichnis der Dolmetscherinnen und Dolmetscher, die Mitglieder in diesem Berufsverband sind. Wenn Sie aber Unterstützung dabei benötigen, Ihre Botschaft in Schriftform für ein neues Publikum in eine andere Sprache zu übertragen, kontaktieren Sie uns! Wir freuen uns darauf, mehr über Ihr Übersetzungsprojekt zu erfahren und beraten Sie gern.

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Über die Autorin

Lucy LEaF blog 2018

Lucy

Lucy Pembayun, Gründerin des Übersetzungsbüros LEaF Translations und qualifiziertes Mitglied des Institute of Translation & Interpreting (MITI), ist Deutsch-Englisch-Übersetzerin mit über 14 Jahren Berufserfahrung. Am liebsten arbeitet sie für nachhaltig orientierte Unternehmen, die großen Wert auf hervorragende Übersetzungen legen. Spezialisiert ist Lucy auf die Übersetzung vom Deutschen ins Englische, und zwar von Websites, Blogposts, Broschüren und anderem Marketingmaterial.

Lucy studierte Germanistik an der Universität Edinburgh (MA mit Prädikat) und erhielt ein DAAD-Stipendium für ihr Master-Studium in Deutschland, das sie ebenfalls mit Auszeichnung abschloss. Während ihres Studiums in Deutschland wohnte sie in Bamberg, Fulda und Berlin. Heute lebt sie mit ihrem Ehemann, zwei Kindern und einem Labrador in York, Großbritannien.

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